Thema: Misunderstanding
 

"Kulturelle Diversität" ist ein Schlagwort, in dem sich gegenwärtig ein tiefes Unbehagen gegenüber der Globalisierung ausdrückt. Den gleichförmigen Konsumversprechen rund um den Globus wird ein "interkultureller Dialog" entgegen gehalten. Doch sein Streben nach Verständigung nimmt das Missverständisses in Kauf.
Dies geschieht zwangsläufig, denn Missverständnisse lassen sich ohnehin nicht vermeiden. Sie entstehen unwillkürlich und in allen möglichen Lebenslagen; die Globalisierung ist dagegen nicht gefeit. Es lohnt sich gar nicht, dagegen anzukämpfen. Deshalb ist es weit fruchtbarer, für dieses grundlegende Missverständnis das Bewusstsein zu schärfen und die sich dadurch eröffnenden Chancen zu erkennen. Es ist eine der vornehmsten Aufgaben von Kunst und Kultur, darauf aufmerksam zu machen und Antworten zu formulieren, wie sich kreativ mit dem Missverständnis umgehen lässt. Denn Kunst und Kultur stützen sich nicht auf ein normiertes allgemein gültiges Wertungssystem, sondern tragen stets den Kern des flüchtigen, wandelbaren Urteils mit sich. Den einen gefällt es, den anderen nicht. Die einen verstehen dies, die anderen das.

Wir verstehen die Diskussion des Themas „Missverständnis" als einen hintergründigen Beitrag zum europäischen „Jahr des interkulturellen Dialogs“. Das Missverständnis wird dabei als produktive Aktivierungsenergie verstanden und genutzt. Kommunikation kann ja nur dann scheitern, wenn die Partner schon im voraus exakt zu wissen meinen, was sie meinen. Demgegenüber lässt sich glückende Kommunikation als offene Austauschform verstehen, in der erst das Gesprächsganze einen Sinn ergibt.

Die IETM-Konferenz 2008 untersucht das Thema „Missverständnis“ in seiner ganzen schillernden Vielfalt in drei Themensträngen.

Adi Blum, Beat Mazenauer, Verantwortliche für das Konferenzprogramm, p&s netzwerk kultur

"Sind nicht gerade auf dem Boden, welcher dir mitunter so mißfällt, auf dem Boden des unreinen Denkens, viele der herrlichsten Früchte älterer Kultur aufgewachsen?"
(Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches)